Winterfest der Rauhnächte

Das erste „Winterfest der Rauhnächte“ vom Brauchtumsverein Niederhöchstadt in seiner Mischung von Zuhören, Tun, Stille Zeit und Feiern, hinterlässt bei den 30 Besuchern wunderbare Eindrücke.

Zuerst gab uns die Phytotherapeutin, Christiane Onneken, im Vereinsheim in der Hauptstraße 295 Informationen zu den Bräuchen, die traditionell zu den Rauhnächten gehören. Danach wurden für das Räuchern zu Hause kleine Kräutersträuße aus Beifuß gebunden. Anschließend gab es zum Innehalten im Park am Brauchtumsfeuer eine „Stille Zeit“. Zum Abschluss wurde vom Brauchtumsverein „Selbstangebautes und Selbstgemachtes“, also heißen Apfelwein, grobe Bratwürste und Pellkartoffeln mit Kräuterquark verzehrt.

Dies war der gelungene Abschluss eines vielfältigen Jahres, in dem wir uns selbst überraschen konnten. Die Ideen gehen auch für 2020 nicht aus. Jetzt gilt es die alten Projekte fortzuführen und Neues zu integrieren. Anfang Februar wird das neue Programm auf dieser Seite zu finden sein. In diesem Sinne wünscht der Brauchtumsverein allen ein gesundes, gutes „Neues Jahr“

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Was aber hat es mit den Rauhnächten, also den zwölf Tagen zwischen den Jahren vom 25.12 bis 05.01. auf sich?

Die Zeitspanne der Rauhnächte umfasst zwölf Tage und hat mit der Diskrepanz des früheren Mondkalenders zu dem späteren Sonnenkalender zu tun. Dort fehlen 12 Tage, die deshalb Tage außerhalb der Zeit genannt werden. Früher war der Jahresbeginn mal am 06.Januar. Erst 1582 wurde Silvester als letzter Tag des Jahres nach dem gregorianischen Kalender festgelegt.

Derzeit rücken die Rauhnächte verstärkt in den Focus und es werden ganze Bücher über sie geschrieben. Hier soll nur beschrieben werden, wie sie früher gestaltet und heute begangen werden können, denn auch Bräuche verändern sich mit den Menschen ihrer Zeit. Sehen Sie es einfach als Anregung für sich.

Die Beispiele, die uns Frau Onneken zu den sich seit Jahrhunderten rankenden Weissagungen, Bräuchen und Ritualen mit auf den Weg gab, entstanden zu in einer Zeit, in der Naturphänomene nicht wissenschaftlich erschlossen waren, kein elektrisches Licht vorhanden und Kälte und Dunkelheit nur schwer zu vertreiben war. Der Winter hat gerade erst begonnen (Wintersonnenwende am 21. Dezember) und die entbehrungsreiche Zeit stand bevor. Die Familie rückte zusammen, hielt Ernterückschau und hegte Erwartungen für das neue Jahr. So wie auch wir heute Rückschau halten, Pläne machen und uns gute Vorsätze vornehmen oder den Winter oder auch böse Geister mit viel Krach zu Silvester, was zu den Lärmbräuchen zählt, vertreiben.

Bevor wird zur Beschreibung der altertümlichen Rauhnächte kamen, erzählte uns Frau Onneken, dass die Adventszeit zur Vorbereitung auf Weihnachten die Zeit des „Reinemachens“ ist. Bis Weihnachten sollen die persönlichen Angelegenheiten geklärt und u.a. Rechnungen bezahlt sein. Dreck und Unordnung zieht nämlich die bösen Geister an, was zu vermeiden ist.

Rituale der Rauhnächte: Nach Weihnachten also mit Einzug der Rauhnächte bis zum 6. Januar, soll nichts mehr getan werden. Knöpfe annähen, bedeutet z.B. drohenden Geldverlust und Aufräumen steht für Energieverlust. Die Nachricht faul sein zu dürfen, erfreute die Teilnehmenden doch sehr und einige haben ihre geplanten Tätigkeiten, wie z.B die Steuererklärung zu machen direkt über Bord geworfen.

Auch wusste man darum, die Natur in diesen Tagen besser in Ruhe zu lassen, um das Wachstum der bereits im verborgenen Erdreich keimenden Knollen und Zwiebeln, nicht zu stören.

Dankbarkeitsrituale:

  • Opferspeisen für die Naturgeister, z.B. Weihnachtsreste vor die Tür stellen. In Peru werden vor dem Trinken ein paar Schnapstropfen auf dem Boden geopfert. In der Mongolei wird ein Milchopfer vor der Jurte gebracht.
  • Lichter werden ins Fenster gestellt, z.B. der Schwibbogen. Entstanden in Gedenken an die Ahnen. Auch wurde ein Licht für jedes Familienmitglied, dass im Krieg ist, ins Fenster getan. Je größer die Familie, so größer der Schwibbogen

Räucherrituale:

Häuser und Ställe wurden, mit der Absicht sein Hab und Gut zu desinfizieren, ausgeräuchert und zwar vor und nach den Rauhnächten, also am 24.12 und 06.01. Von den heimischen Kräutern ist u.a. Thymian und Salbei gut geeignet sowie (statt fremdem Weihrauch) heimisches Baumharz, wie z.B. Fichtenharz. Dazu werden Kräutersträusse angezündet, angeblasen und mit ihnen in oder um die Räume/ Häuser gewedelt und z.B um

  • am 24. Dezember Dank für das Vergangene zu sagen. Für die guten leicht zugefallenen und die schweren herausfordernden Dinge. Dazu die Fenster öffnen, Altes rauslassen und Neues aufnehmen. Für den Segen und als Abschluss gibt es den Spruch:

„Möge alles Dunkle, alles was uns nicht mehr dient,
aus den Räumen jetzt verschwinden“.
Wir laden die Liebe und das Segenslicht ein
um uns Frieden, Ruhe und Kraft zu schenken.
Danke

  • oder am 6. Januar, der Dreikönigsnacht, der Nacht der Liebe und der Wunder alle Fenster öffnen, damit die Reste entweichen und neues Gutes hereinkommen kann. Das wird auch Dreikönigswind genannt. Diese Nacht ist gut für Gebete und Fürbitten. Für den Segen und als Abschluss gibt es den Spruch:


“ Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst,
  die Liebe macht Wunder möglich
  und bringt den Himmel auf Erden! „

Für die Herstellung unserer Räucherstangen hat Frau Onneken Beifuß (Artemisia vulgaris) gewählt und die Teilnehmer gingen beherzt an die Wickelarbeit. Beifuß stärkt das Selbstbewusstsein, beruhigt und tröstet, hilft in Übergangssituationen, sorgt für klare Sicht (Rückschau und Vorschau), gibt Schutz gegen Ängste und Melancholie.

Beim Verreiben verströmt die Pflanze bereits einen aromatischen Duft aus. Zum Räuchern verwendet man die Blüten und das fein geschnittene, getrocknete Kraut. Beifuß wird auch gern bei fettem Essen, z.B. bei der Weihnachtsgans beigefügt. Bei den Schamanen, steht Beifuß für das Krafttier „Wildgans.“

Die 12 Rauhnächte sind den zwölf Monaten zugeordnet und stehen für:

25.12 Jan Stille, Ankommen, Licht als Dank für die Ahnen
anzünden
26.12 Feb In Frieden mit sich sein, Innere Führung
27.12 März Herzöffnung, Wunder im Leben, Aufbruch, Schauen was wachsen möchte
28.12 April Tag der unschuldigen Kinder (Herodesgeschichte)
29.12 Mai Freundschaft, Nächstenliebe, Selbstvergebung
30.12 Juni Reinigung, Loslassen, Bewegung, Familie,
Dankbarkeit für die Herausforderungen des Lebens
31.12 Juli Vorbereitung auf´s neue Jahr, Vorsätze, Speisen
teilen, Geister durch Krach vertreiben
01.01 Aug Geburt des Neuen, Freude über das was da ist
02.01 Sept Segnen der Zukunft
03.01 Okt Visionen, Eingebung, Ernte, Danken für Stärken
und Talente
04.01 Nov Loslassen, Abschied, Dankbarkeit
05.01 DezWeisheit, Altes verabschieden – Neues Gutes
aufnehmen, Gebet und Fürbitte

Ideen für die Begehung der einzelnen Rauhnächte zu Hause:

Aus im Sommer getrockneten Kräutern, Tee aufgießen. Jeder Schluck lässt in den kalten Winternächten einen Sonnenstrahl im Innern aufleuchten. Dazu eine Kerze anzünden, 12 tiefe Atemzüge nehmen und inneres Nachdenken über die Zukunft und Vorausschau, aufnehmen.

und /oder

das Wunschritual durchführen:

Vor Weihnachten 13 Wunschzettel schreiben. In jeder der 12 Raunächte wird einen Zettel (unangesehen) verbrannt. Der dreizehnte bleibt am Ende übrig und ist dann der Wunsch, um dessen Erfüllung man sich selbst kümmern muss. Die anderen zwölf, im Rauch aufgegangenen Wünsche, sind zur Erledigung ans Universum abgegeben worden.

Die Informationen von Frau Onneken waren so informativ und lehrreich, dass wir als Brauchtumsverein in 2020 unsere Aktivitäten zu den Rauhnächten ausweiten wollen. Außerdem haben wir uns vorgenommen unser nächstes „Winterfest der Rauhnächte“, dann zum Abschluß der Rauhnächte, am 06.01.2021 mit dem Dreikönigswind zu feiern.

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